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10 nützliche Tipps für Autoren

Einfach drauf losschreiben:

Die Angst vor dem weißen Blatt wird wesentlich kleiner, wenn man sich erlaubt, einfach drauf loszuschreiben. Einen Stift in die Hand nehmen - oder sich vor den Computer setzen und die Gedanken fließen lassen. Wenn der innere Zensor erst mal ausgeschaltet ist, der einem immer zuflüstern will: Das geht doch nicht, das klingt nicht gut ... dann wundert man sich oft, was am Ende auf dem Papier steht. Es ist ja erst mal für einen selbst - es muss ja nicht an die Öffentlichkeit. Auf diese Weise schreibt man sich warm. Und vielleicht findet sich darunter doch mal ein Diamant in all dem Geröll ...

Das Notizbuch:

Wer mit wachem Blick durch die Gegend geht, wird immer Interessantes hören oder sehen. Oder man hat einen Geistesblitz, denkt: das muss ich unbedingt festhalten - hat im Moment aber nichts zum Schreiben. Man will es sich unbedingt merken - das ist so außergewöhnlich, das kann ich gar nicht vergessen - und dann ist es doch weg ...
Das Beruhigende ist: Fast jedem geht es so. Unser Gedächtnis ist nicht besonders zuverlässig. Deshalb ist es ratsam, ein Notizbüchlein mit sich zu führen und im passenden Moment das zu notieren, was einem gerade aufgefallen ist. So werden wenigstens ein paar Dinge aufgehoben, die sich vielleicht  auch als spätere Informationsquelle nutzen lassen, oder als Assoziationsmöglichkeit, aber zumindest als Erinnerungshilfe.

Die Wirklichkeit und die Wahrheit - das Reservoir der eigenen Erinnerungen anzapfen

Auch das dürfte jedem bekannt vorkommen: Man hat eine bestimmte Erinnerung, ist sich ganz sicher, die Dinge sind so gewesen - und dann trifft man jemanden, der damals anwesend war - und dessen Erinnerung hört sich ganz anders an. Das ist normal. Unser Hirn hat die Eigenschaft, Dinge zu überbrücken oder zu vervollständigen, damit es einen Sinn ergibt. Aber beim Schreiben kommt es gar nicht darauf an, ob etwas wahr ist im Sinne von: genauso ist es geschehen, sondern viel wichtiger ist: Etwas ist wahr im Sinne von wahrhaftig. Weil ich das so erlebt und einen gewissen Erkenntniswert daraus gezogen habe, hat es einen besonderen Stellenwert in meinem Leben und ist deshalb wert, aufbewahrt zu werden.

Erinnerungen wandeln sich

Zu welchen Zeiten haben wir diese bestimmte Erinnerung datiert: Wie weit waren wir selbst damals entwickelt, welche Erkenntnisse hatten wir? Konnten wir schon unterscheiden zwischen Imagination und Erleben? Wussten wir, was ein Gesetz ist, an das man sich zu halten hat? Wie haben wir bestimmte Dinge eingeordnet? Man muss immer bedenken: Kinder haben eine vollkommen andere Wahrnehmung als Erwachsene. Im Laufe eines Lebens lernt man so viel dazu, das einen wiederum im Rückblick die Dinge anders einordnen lässt.

Wer hat nicht schon mal in einen Spiegel gesehen, der einen anderen Spiegel spiegelt? Vordergründig sieht man sich selbst darin - aber bin das wirklich ich? Und wer sind die vielen anderen, gespiegelten Gesichter, die so aussehen wie ich selbst ...

Der Prozess des Schreibens beinhaltet auch, unsere wahrgenommene Wirklichkeit in Fiktion zu übersetzen, also das Erlebte nicht im eigenen Innenraum zu belassen, sondern uns davon zu entfremden - um es mit neuen Augen zu betrachten und mit dem Ausgedachten zu vermischen. Dabei ist es tröstlich zu erkennen: Es gibt eine Wahrheit jenseits der Wahrheit. Texte können durchaus authentisch sein, ohne im strengen Sinn autobiografisch zu sein.

Bücher mehrmals lesen

Da gibt es ein Buch, das habe ich im Jahr 1988 gelesen. Die Autorin hat dafür den Aspekte-Literaturpreis bekommen. Ich habe sie kurz getroffen und mit ihr gesprochen, um mir das Buch signieren zu lassen: Christa Moog, Autorin des Buches "Aus tausend grünen Spiegeln" - es ist ein sehr persönliches Buch über ihre Suche auf den Spuren einer Autorin, nämlich Katherine Mansfield. Moog beginnt am Lebensende ihres großen Vorbilds: In Fontainebleau, auf dem Friedhof, wo Mansfield begraben ist, und in Paris, wo die in Neuseeland Geborene zuletzt lebte. Katherine Mansfield ist 23jährig an Tuberkulose gestorben.

Moog geht die Wege ab, besucht die Stätten, die etwas mit Mansfield zu tun haben. Ich gehe heute - im Jahr 2017 - nochmals diese Wege ab und nehme sie ganz anders wahr als damals, nachdem ich das Buch gelesen und schon einmal diese Spuren verfolgt habe - ich war in Menton, habe die Wohnungsadressen in Paris aufgesucht und ich war an ihrem Grab in Fontainebleau.
Moog vermischt ihre Spurensuche mit ihren eigenen Entdeckungen - sie hat als Ostdeutsche eine andere Wahrnehmung als wir Westdeutschen - hinzu kommt ihre Erinnerung an Menschen, mit denen sie über Mansfield gesprochen hat.
Ich erinnere mich an frühere Paris-Besuche, an meine Mansfield-Lektüre, an Miss Brill, die einsam im Park sitzt und Tauben füttert, gehüllt in einen Pelzmantel, obwohl es Sommer ist ...

All das vermischt sich zu einer neuen Erfahrung: Den jetzigen Paris-Aufenthalt mit anderen Blicken, anderen Wahrnehmungen aufzunehmen als damals.

Das Besondere im Allgemeinen

Kürzlich sagte eine Frau zu mir, sie würde so gern ein Buch schreiben, aber sie hätte eigentlich gar nichts zu erzählen - ihr Leben sei nichts Besonderes. Ich habe widersprochen: Jedes Leben ist etwas Besonderes, man muss dieses Besondere nur aufspüren und in angemessene Worte fassen. Es kommt nicht darauf an, was erzählt wird - sondern wie etwas erzählt wird - einmalig, magisch, erkenntnisreich.
Oft ist der Ausgangspunkt eines Textes ein eher unscheinbares Ereignis, das erst durch Bearbeitung und eine besondere Sprache seine besondere Qualität erhält.

Beispiel:

"Manchmal stelle ich mir vor, dass ich Maren Hontvedt am Ende ihres Lebens sehen kann. Die Tapete im Zimmer, in dem sie sitzt, ist vergilbt, aber unversehrt. Eine Haube mit Lochstickerei bedeckt ihr Haar. Ich bemerke den schlaffen Fall des Umschlagtuchs, das sich in ihren Schoß schmiegt, die ruhige Haltung ihres Körpers. Der Fußboden ist nackt, aus Holz, und auf dem Toilettentisch steht eine Schüssel mit Wasser. Das Licht vom Fenster her fällt auf ihr Gesicht und ihre Augen. Es sind graue Augen, noch nicht verblasst, und in ihnen hat sich ein Ausdruck bewahrt, den andere, die sie kannten, vielleicht erkennen würden." (Aus: Anita Shreve: "Das Gewicht des Wassers")

Hier passiert nichts Spektakuläres - und doch erhält es durch die besondere Betrachtungsweise eine Magie, die mich weiterlesen lässt.

Andere Sprachen, andere Bezeichnungen

Ich freue mich jedes Mal, wenn ich auf ein Wort in  meiner Umgebung stoße, das ich noch nicht kenne oder das in einem anderen Zusammenhang benutzt wird als der mir geläufige. Dazu gehört das Wort "nehmen", das in meiner Umgebung im Dialekt häufig als "holen" gesprochen wird. Ich stutze jedes Mal, wenn ich jemanden von "abholen" reden höre (ich habe Gewicht abgeholt) von einem Film aufnehmen (ich hab den Film aufgeholt) ... etc. - Was für mein Gegenüber überhaupt nichts Ungewöhnliches ist, weil ständig benutzt, fällt es mir immer wieder auf ...

Als ich in Paris in einer Ausstellung war, fiel mir das Wort "Nature Morte" auf - es bezeichnet ein - zu Deutsch - "Stilleben" (vor der Rechtschreibreform) - wobei dies auch schon irreführend bzw. mehrdeutig ist. Ist es das stille Leben - oder das stilisierte Leben, was damit gemeint ist. Oder gar kein Leben? Das französische Wort lässt noch mehr Spielraum zu: gestorbene Natur oder tote Natur ...

Das Aufspüren von besonderen Wörtern und Bildern

Sehe ich ein Wort, ein Ausdruck, das mich in besonderer Weise anspricht, notiere ich es mir und füge es somit zu meinem Wortschatz hinzu. Das Gleiche gilt für ungewöhnliche Bilder.
Was besonders wirkungsvoll ist, ist das Zusammenfügen von zwei Wörtern, die im eigentlichen Sinn nicht zusammengehören. Dadurch erhalten sie eine neue, größere Bedeutung.
"Mein wundgescheuertes Herz"

Seinen eigenen Stil finden

Jeder hat andere Vorlieben - sollte eigentlich selbstverständlich sein - deshalb hat auch jeder einen eigenen Geschmack, was die Vorliebe für Geschriebenes betrifft. Wir merken es schon daran, dass wir bestimmte Autoren mögen (die vielleicht jemand anders gar nicht gut findet, obwohl wir denjenigen doch so sehr mögen). Anfangs ahmen wir diesen Autor nach.  Wir registrieren, warum uns das so gut gefällt, weil wir es doch genauso gut machen wollen - das ist normal, bis sich daraus schließlich unser eigener Stil entwickelt, der sich immer mehr verfestigt.

Ein Leben ist nicht genug - und dabei sich selbst auf die Spur kommen

Als Autor hat man die großartige Gelegenheit, Welten zu entwerfen, zu schaffen, kreativ zu sein. Alles auszuloten, was zwischen "was wäre wenn" passieren kann. Also auch, weltliche Gebote zu umgehen. Ohne dafür Strafe fürchten zu müssen. Es passiert ja woanders, auf dem Papier. Und Geschriebenes stellt immer eine eigene, andere Realität her.
Beim Schreiben befindet man sich in einer Parallelwelt, in der die Gesetze der real existierenden Welt außer Kraft gesetzt sind. Wir dürfen ein bisschen Gott spielen - dürfen die Geschicke lenken. Dadurch erfahren wir auch eine ganze Menge über uns selbst. Das sind oftmals sehr beglückende Gefühle.